Machtmissbrauch - ein strukturelles Problem

Hochschulspezifische Besonderheiten und Machtgefälle befördern Machtmissbrauch.

Liebe Kolleginnen und Kollegen des wissenschaftlichen Personals,

zum Thema Machtmissbrauch in der Wissenschaft hat es in der jüngsten Vergangenheit verschiedene Artikel in der Presse gegeben. Eine besondere Dynamik hat die Diskussion durch die Solidaritätskundgebung „Professor*innen gegen Machtmissbrauch an Universitäten“ entwickelt. Der Artikel, der von einzelnen Professor*innen aus dem gesamten Bundesgebiet - auch von zwei Professori*nnen der Universität Bonn - unterzeichnet wurde, weist beispielsweise darauf hin, dass die Strukturen des deutschen Wissenschaftssystems eine Einladung zum Machtmissbrauch sind.

Unterdrückung-Arbeiter
© Colourbox 54342772
Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler arbeiten hinter einer Glasfassade und mischen Chemikalien mit Großgeräten.
© H. Röhrig

Als Beispiele für Machtmissbrauch genannt werden dort die „…ungerechtfertigte Übertragung von eigentlich professoralen Aufgaben an Mitarbeitende, deren systematische Überlastung mit Arbeit, die willkürliche Ausübung professoraler Entscheidungsgewalt (z.B. über Reise- und Projektmittel), die Aneignung von geistigem Eigentum Mitarbeitender, sexuelle Belästigung, Nötigung und Ähnliches. Die wenigsten Vorfälle werden gemeldet, nur in Ausnahmefällen kann den Betroffenen geholfen werden“ (aus: Professor*innen gegen Machtmissbrauch an Universitäten, in: Zeitgeschichte-online, 26. April 2023)

Wir als wissenschaftlicher Personalrat (PRwiss) können diese o.g. Einschätzung nur bestätigen und dieser Aufzählung lassen sich sicherlich noch weitere Formen des Fehlverhaltens durch vorgesetzte Professor*innen hinzufügen. Auch an der Universität Bonn und am Universitätsklinikum Bonn werden wir regelmäßig mit Machtmissbrauch konfrontiert. Leider müssen wir jedoch feststellen, dass nur in wenigen Fällen den betroffenen Beschäftigten über eine ausführliche Beratung hinaus geholfen werden konnte. Die Gründe für diese Hilflosigkeit der Personalvertretung liegen sehr häufig in der übermächtigen Stellung der Professorenschaft (Personenkult, dienstrechtlich schwer angreifbare Position durch das Beamtentum sowie ein häufig falsches Verständnis des Rechts auf Freiheit in Forschung und Lehre). Weitere begünstigende strukturelle Faktoren an Universitäten sind die prekären Beschäftigungsbedingungen des wissenschaftlichen Personals, nicht selten gepaart mit einer Abhängigkeit über das Ausbildungsverhältnis (Abschlussarbeiten, Promotionen). Erschwerend kommt häufig hinzu die gute Vernetzung der Professor*innen im Themengebiet, wodurch eine weitreichende und ggfs. zerstörerische Einflussnahme auf die weitere Karriereentwicklung von wissenschaftlich Beschäftigten über die Universitätsgrenze möglich ist.

 Das Thema Machtmissbrauch in der Wissenschaft ist jedoch mittlerweile in der Öffentlichkeit angelangt und die Universitäten haben darauf reagiert, auch die Universität Bonn. In einer Selbstverpflichtungserklärung der nordrhein-westfälischen Hochschulen zum Umgang mit Machtmissbrauch vom September dieses Jahres betonen die Hochschulleitungen des Landes ihre Fürsorgepflicht als Arbeitgeberinnen und Bildungsanbieterinnen und stellen sich der Herausforderung, Machtmissbrauch zu begegnen.

An dieser Selbstverpflichtungserklärung wird der PRwiss zukünftig die Universität Bonn und das Universitätsklinikum messen und Fälle von Machtmissbrauch der Universitätsleitung anzeigen, um in gemeinsamen Anstrengungen dem Machtmissbrauch zu begegnen.

Für Sie als wissenschaftlich Beschäftigte bedeutet das, dass Sie sich jederzeit an uns wenden und ein vertrauliches Gespräch mit uns suchen können, sollten Sie Opfer von Machtmissbrauch werden oder Kenntnis von derartigem Fehlverhalten von Führungskräften haben.

Für einen Erstkontakt können Sie sich an die Personalratsmitglieder unter „Beratung & Hilfe“ sowie auch an jedes andere Mitglied des PRwiss wenden.

 

Ihre Kolleginnen und Kollegen des
PRwiss-Teams

Wird geladen